Im Namen des Wolfes by John F. Deane

Im Namen des Wolfes by John F. Deane

Autor:John F. Deane [Deane, John F.]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2011-02-28T23:00:00+00:00


Sieben

Schritte. Schwere Schritte. Sie kamen näher, dorthin, wo sie saß. Ihr ganzer Körper schwankte in Erwartung der Gefangennahme. Sie zog sich zurück von der Straße, vom Tag, von der Zeit. Tiefer hinab in die Festung, die sie in ihrem Inneren errichtet hatte. Sie kannte ihre gewaltigen Ausmaße – die mächtigen Stockwerke über ihr, unter ihr Fluchten, Gänge, dunkle Gelasse mit verriegelten Türen. Eine innere Burg. Ein Seelenhaus.

Als sie aufstand, hatte sie das Gefühl, schon immer unter der Last dieses Hauses gelitten zu haben. Sie wagte es nicht, die erste Treppe emporzusteigen, die breit genug war, daß sie sich auf jeder Stufe ausgestreckt hätte langlegen können. In sanfter Drehung verschwand sie im Dunkel über ihr. Bis auf das schwerfällige Ticken einer Standuhr in einem Alkoven unter der Treppe herrschte überall Stille. Es war eine unbehagliche Stille, um so mehr, als ihre eigenen Ängste und Zweifel, ihre Erschöpfung und ihr Durst in die Luft um sie her zu sprechen und zu flüstern schienen, so daß die Luft, in der sie stand, von den Schwingungen ihres Atems in Schwingungen versetzt wurde.

Wie sehr das innere Leben eines Menschen von den Bedürfnissen seines Leibes behindert wird.

Die Worte schienen aus dem Staub, der im fahlen Licht eines alten Fensters wirbelte, zu ihr zu dringen, als ob sämtliche Stäubchen sich vereinigt hätten, um diesen Satz zu bilden. Und doch wußte sie, daß sie ihn selbst geäußert hatte, aus dem Schatz an Weisheiten, welcher in der Burg lag, durch die sie sich bewegte.

Irgendwo weit hinter den Mauern und Gängen des großen Hauses schlug eine Tür zu. Sie schrak zusammen. Sie durfte hier drin nicht gefunden werden; sie durfte jetzt nicht gefangengesetzt werden. Heute steht ein Mensch an dieser Stelle, morgen ist er fort. Wie eine kleine Blüte an einem hohen, imposanten Kirschbaum. Wer wird es merken? Oder wen wird es kümmern? Rasch faßte sie einen Entschluß und öffnete in einer Ecke des großen getäfelten Saales eine kleine, unscheinbare Tür.

Drinnen war es düster; rohe Betonstufen führten direkt nach unten und krümmten sich unter ihr weg. Handle jetzt, geliebte Seele, denn du weißt die Stunde nicht, in der du davon mußt. Sie trat in die Dunkelheit und schloß leise die Tür hinter sich. Lange blieb sie stehen und wartete darauf, daß das hölzerne Echo erstarb. Wartete darauf, daß ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten. Dann stieg sie nach unten, die erste Stufe hinab. Etwas hier kam ihr vertraut vor, die schlichten, stumpfen, weißgetünchten Wände, die in der Mitte ausgetretenen Betonstufen, das schwache, aber deutliche Licht, das von den nackten Glühbirnen an den weißgetünchten Wänden hätte kommen müssen; aber da waren gar keine Birnen, da war nur das Licht. Das Gefühl der Vertrautheit, so unbestimmt es war, beruhigte sie. Vorsichtig stieg sie hinab und hielt die Rechte so dicht an die Wand, daß sie sie manchmal berührte.

Eine Zeitlang schraubten sich die Stufen sanft hinunter, die Luft wurde kühl, doch das Licht flackerte nicht. Sie war dankbar für die Stille, die hier herrschte, eine Stille, die sie kontrollieren konnte in dem Fall, daß sie das Geräusch ihrer Schuhe auf den Stufen unterband und den Atem anhielt.



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